Die gesetzliche Einführung von Pflichtsystemen, wie beispielsweise die ab Juli 2024 geltende EU-Verordnung 2019/2144 zum verpflichtenden Einbau einer Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen ab Werk, treibt den Wandel in der Automobilindustrie stetig voran. Ziel der neuen gesetzlichen Vorgaben ist nicht nur die Erhöhung der Verkehrssicherheit, sondern auch die Steigerung von Effizienz und Umweltfreundlichkeit bis hin zur Förderung der Entwicklung autonom fahrender Fahrzeuge. Ein zentraler Bereich dieses Wandels betrifft die Steuergeräte, im Englischen: ECUs (Electronic Control Unit), die für die Funktionalität und Leistungsfähigkeit moderner Fahrzeuge von entscheidender Bedeutung sind. Die zunehmende Komplexität der Bordnetze sowie der Trend zur Miniaturisierung erfordern neue Lösungen wie MINI-Koax-Stecksysteme, die in vielerlei Hinsicht erhebliche Vorteile bieten.
Die Weiterentwicklung von Steuergeräten und Bordnetzen
Der technologische Wandel im Bereich der elektronischen Steuergeräte ist ein zentraler Faktor für die Transformation der Automobilindustrie. In modernen Fahrzeugen spielen diese Steuergeräte eine entscheidende Rolle bei der Koordination von Systemen wie Kommunikation, Infotainment und Fahrerassistenz. Die Einführung von 5G-Konnektivität und Vehicle-to-Everything (V2X) – Kommunikation ermöglicht die nahtlose Vernetzung von Fahrzeugen mit der Verkehrsinfrastruktur, anderen Fahrzeugen und Passanten. Dies erhöht nicht nur die Verkehrssicherheit und -effizienz, sondern schafft auch die Grundlage für künftige autonome Fahrfunktionen.
Diese Anforderungen führen aber auch dazu, dass mehr und komplexere Steuergeräte zur Verarbeitung der Daten benötigt werden, was wiederum die Menge der Leitungen im Fahrzeug erhöht, die die Steuergeräte untereinander und mit den Aktoren und Sensoren verbinden. Gleichzeitig sollen Kosten, Gewicht und Platzbedarf dieser Systeme im Rahmen gehalten werden, um die Fahrzeuge effizient und marktgerecht gestalten zu können. Im Bordnetz-Bereich müssen daher Lösungen gefunden werden, um Steuergeräte und Verkabelung kompakt und kostengünstig zu gestalten und gleichzeitig eine sichere und schnelle Datenübertragung zu gewährleisten.
FAKRA, MINI-Koax und Hybridkabel als Übergangslösung
Ein wesentlicher Aspekt bei der Weiterentwicklung der Steuergeräte ist der Wandel in der Datenübertragung. Das traditionelle FAKRA-System dominierte in den letzten 20 Jahren die Übertragung von analogen Signalen im Fahrzeug.
Seit ca. 2018 wurde dieses System weiterentwickelt. Mit der Einführung von MINI-Koax-Systemen können mit der gleichen Datenübertragungstechnologie auf einem geringerem Bauraum Verbindungen hergestellt werden. Die gängigsten Anbieter von MINI-Koax-Stecksystemen im europäischen Raum sind TE Connectivity mit den Systemen MATE-AX und TFM, Rosenberger mit HFM® und RMC® sowie MD ELEKTRONIK mit dem selbst entwickelten MINI-Koax-System ADTCon-MC. Diese neuen Systeme können mehrere Funktionen in einem Kabelstrang integrieren, was Platz und Gewicht spart und dabei gleichzeitig die Leistung erhöht. Dies bietet den Automobilherstellern mehr Flexibilität bei der Gestaltung und Positionierung von Steuergeräten. Zudem können MINI-Koax-Leitungen einfacher durch enge Räume verlegt werden. Die kompaktere und weniger komplexe Bauweise kann durch geringeren Materialbedarf auch zu Kosteneinsparungen in der Produktion führen.
Die komplette Umstellung eines Kabelbaums ist jedoch ein langwieriger Prozess, da bestehende Verträge mit Lieferanten und die technischen Spezifikationen der E/E-Komponenten über mehrere Jahre festgelegt sind. Als Übergangslösung zur vollständigen Integration des neuen Systems ist der Einsatz von Hybridleitungen nötig. Hierbei handelt es sich um den gleichzeitigen Einsatz der MINI-Koax- und FAKRA-Systeme an einer Einzelleitung. Dies stellt die Konfektionäre und Kabelsatzhersteller vor große Herausforderungen, da durch den Einsatz unterschiedlicher Technologien die Variantenvielfalt steigt und zusätzliche Anforderungen der OEMs berücksichtigt werden müssen. Ein Konfektionär benötigt für jede Steckervariante eigene Kontaktteile und Werkzeuge, was den Aufwand in der Fertigung deutlich erhöht.
Größenvergleich FAKRA-Stecker mit einer MINI-Koax Variante
Zukunftsperspektiven bei den Produktionssystemen
Bei der Verwendung der üblichen Produktionsysteme werden für die Assemlage von Hybridleitungen deutlich mehr Arbeitsschritte und Werkzeuge nötig als bei reinen FAKRA- und MINI-Koax-Systemen. Dies führt zu längeren Fertigungszeiten und somit höheren Fertigungskosten. Gleichzeitig definieren die Automobilhersteller global unterschiedliche, technische Anforderungen an die neuen Stecksysteme. Um in diesem Spannungsfeld zu bestehen und die steigenden Qualitätsanforderungen im Bereich Datenübertragung gerecht werden zu können, müssen Konfektionäre vermehrt auf eine vollautomatische aber flexible Fertigung setzen. Durch die intelligente Gestaltung des Maschinenparks kann die Produktion von komplexen Mehrfach- bzw. Hybridleitungen besonders effizient gestaltet und auf Änderungen kurzfristig reagiert werden. Neue Chancen und Herausforderungen ergeben sich zudem durch die fortschreitende Digitalisierung der Produktion unter dem Stichwort Industrie 4.0. Vernetzte Produktionssysteme, Echtzeitdatenanalyse und digitale Zwillinge sind nur wenige Beispiele für Technologien, die den die Kabelkonfektionen und die gesamte Bordnetzherstellung in der Zukunft revolutionieren werden. Bei der Anpassung an neue technologische Anforderungen spielt die enge Zusammenarbeit mit OEMs und Tier-1-Zulieferern eine zentrale Rolle. In gemeinsamen Entwicklungsprojekten werden spezifische Lösungen für individuelle Anforderungen erarbeitet.
Vollautomatisierte Produktion bei MD ELEKTRONIK
MD entwickelt und baut vollautomatische, modulare Produktionssysteme, die höchste Qualitätsstandards und Effizienz in der Produktion bieten. Durch den Einsatz modernster Robotik- und Automatisierungstechnologien kann MD flexibel auf Kundenanforderungen reagieren und maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Die derzeit noch starke Nachfrage nach FAKRA-Komponenten wird durch eine vollautomatische Fertigung bedient, wobei in neuen Anlagen bereits MINI-Koax und FAKRA an die Leitungen konfektioniert werden. Dabei werden Kabellängen von ca. 300 mm bis über 10.000 mm hergestellt. Eine beidseitige Konfektionierung ist ohne zusätzlichen Rüstaufwand realisierbar. Da MD die Konfektionierung von Hybridkabeln von Anfang an geprägt hat, wurde ein großer Erfahrungsschatz in der Herstellung komplexer Leitungen aufgebaut und es kann eine breite Produktpalette angeboten werden.