Optische Datenübertragung: Was in Datencentern schon Alltag ist, soll die Datenübertragung im Automotive-Bereich revolutionieren
Die Ethernet Technologie hält seit Jahren immer mehr Einzug in die Welt der Automobile, was zu gravierenden Veränderungen in der Bordnetz-Architektur führt. Gründe hierfür sind die stetig wachsenden Datenmengen durch ADAS, automatisiertes und autonomes Fahren, sowie eine wachsende Zahl an Sensoren, Kameras und Bildschirmen im Fahrzeug. Auch der Wandel der Art der Nutzung von Fahrzeugen im Zuge des autonomen Fahrens erfordert entsprechende Datenmengen. So kann das Fahrzeug der Zukunft beispielsweise als Büro oder Wohnzimmer genutzt werden. Ein weiterer Grund für den Einsatz der Ethernet-Technologie ist die Reduzierung der Komplexität im Kabelbaum und das Ziel, diesen automatisiert fertigen zu können.
Seit langem sehen wir den Trend in den großen Datencentern der Welt, dass die klassischen Ethernet-Systeme durch optische Datenübertragung ersetzt werden. Dies ist im Bereich der Telekommunikation schon sehr weit fortgeschritten.
Hierbei stellt sich die Frage, weshalb die klassischen Ethernet-Systeme durch optische Datenübertragung ersetzt werden, worin sich diese Systeme unterscheiden und wo die Vor- und Nachteile, sowie die Grenzen der beiden Systeme liegen. Genau diesen Fragen gehen wir in diesem Blogbeitrag nach.
Optik oder Kupfer – Übertragungstechnologien und ihre physikalischen Besonderheiten
Betrachtet man den Aufbau des Übertragungskanals, so findet man wesentliche Unterschiede in der Funktion der jeweiligen Übertragungstechnologie. Während bei der elektrischen Datenübertragung die Elektronen die Übertragung der verschiedenen Spannungswerte übernehmen, sind es bei der optischen Datenübertragung die Photonen, die eine Art „Morse-Zeichen“ senden, bei der sich die Lichtquelle in sehr hoher Frequenz ein- und ausschaltet.
Wirft man einen Blick auf die Übertragungsgeschwindigkeit, so würde die elektromagnetische Datenübertragung mit 230.000 Km/s die höhere Datenübertragung erreichen können als die optische Übertragung, da die Lichtgeschwindigkeit in Glasfaser mit nur 200.000 Km/s unterlegen ist. Falsch gedacht, da bei der elektromagnetischen Datenübertragung physikalische Effekte eine große Rolle spielen.
Ein wesentlicher Faktor ist die Dämpfung, die bei der elektrischen Datenübertragung mit der Übertragungsfrequenz überproportional steigt. Als zusätzlicher Faktor spielt die Länge des Übertragungslinks eine Rolle, die diesen Effekt zusätzlich verstärkt. Somit ist es notwendig, die Leitungslänge bei Datenraten jenseits der 10 Gbit/s für elektrische Übertragung einzuschränken (z. B. 10 Gbit/s auf 15m bzw. 25 Gbit/s auf 11m). Auch werden die Komprimierungsmöglichkeiten der sogenannten Puls Amplituden Modulation (PAM 4 – PAM16) für die Übertragung höherer Datenraten verwendet, um die notwendigen Datenraten noch über die Verbindungsstrecken senden zu können.
Zusätzlich ist es notwendig, auch die Anzahl der sogenannten Inline Verbindungen einzuschränken. Derzeit versucht die Chipindustrie Lösungen für die Verbesserung der Signalintegrität zu finden, um ein Multi-Laning (mehrere parallele Leitungen) bei Datenraten > 25 Gbit/s zu verhindern. Hier finden Themen aus dem Digital Signal Processing (DSP) wie etwa Equalizer, Common Mode Choke, DC Block, EMI-Filter und ESD-sichere Bahnen, Anwendung, um die Signalintegrität über Maßnahmen auf dem Steuergerät zu ermöglichen. Diese Maßnahmen wirken sich mit höherer Datenrate auf die benötigte Platinenfläche, die EMV-Anfälligkeit und somit auf die Kosten aus.
Betrachtet man die optische Datenübertragung, wird schnell klar, dass die physikalischen Gesetzmäßigkeiten ein weites Feld öffnen, das bereits in Datencentern Einsatz findet. Durch die geringe Dämpfung von beispielsweise Glasfaser-Leitungen ist eine Übertragung von 25 Gbit/s über mindestens 40m bei NRZ (non Return to Zero) möglich. Das heißt, dass eine Übertragung ohne Komprimierung erfolgen kann. Dies reduziert die Komplexität der Übertragung auf dem Steuergerät, denn die Aufwände für DSP- und PAM-Modulierung sind bei dieser Datenrate nicht notwendig. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch den Entfall der Maßnahmen Fläche auf dem Steuergerät eingespart werden kann. Zusätzlich hat die optische Datenübertragung weiter die Nase im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) vorne, da sowohl Kunststoff, als auch Glas keine Einwirkung durch elektrische und magnetische Felder zulässt. Somit ist diese Technologie für den Einsatz in sensiblen Bereichen im Fahrzeug wie Batterie Management Systeme, zur Verwendung bei galvanischer Trennung oder auch im Bereich von HF-Antennen bestens geeignet.
Optische Datenübertragung als Technologie der Zukunft im Automobil?
Bei all dem Für und Wider stellt sich die Frage, wann es sinnvoll wäre, über einen Paradigmenwechsel in der automotiven Datenübertragung nachzudenken.
Laut einer MD-internen Umfrage unter Fachexperten gehen die Meinungen noch sehr stark auseinander, da sich am Markt aktuell nur wenige Unternehmen mit dieser Technologie beschäftigen. Bei der Befragung wurden Themen aus den Bereichen technischer Aufwand, Kostenaufwand und Kundenakzeptanz den Stufen der Datenraten aus der IEEE 10 Gbit/s, 25 Gbit/s und 50 Gbit/s gegenübergestellt.
Die Ergebnisse zum technischen Aufwand wurden anhand der notwenigen Maßnahmen für EMV, Grenzwerte (z. B. Einfügedämpfung, Übersprechen), Chip-Komplexität, Anzahl Inline-Steckverbinder, Design-Aufwand zur Minimierung von Reflexionen und das Erreichen der notwendigen Übertragungsfrequenz, ermittelt. Auch die erreichbare Linklänge wurde in die Bewertung einbezogen.
Zur Beurteilung der Kosten wurde eine Abschätzung der finanziellen Aufwände für einen Übertragungslink betrachtet. Dies schließt die Chip-to-Chip Verbindung inklusive aller notwendigen Maßnahmen auf der Platine ein, die eine sichere Datenübertragung je Datenrate unter den geforderten Bedingungen ermöglichen.
Ein weiterer wichtiger Punkt der Bewertung war die Akzeptanz bei den Kunden, die mit der Akzeptanz der Übertragungstechnologie und mit der Anwendbarkeit bei den OEMs und Tier1s beziffert wurde. Dabei geht es um die Abschätzung der notwendigen Aufwände für beispielsweise Freigabeprüfungen, Freigabekosten, sowie die Aufwände bei der Installation in den Fahrzeugen.
Aus diesen Fragestellungen wurden für die einzelnen Diagramme Mittelwerte ermittelt und verwendet. Es gibt eine relativ genaue Aussage über den Punkt, an dem die Aufwände für eine elektrische Datenübertragung diejenigen der optischen Datenübertragung übertreffen – und spätestens dort wird die Automobilindustrie die Weichen in Richtung optischer Datenübertragung stellen.
Technischer Aufwand um die Datenrate zu erreichen
Grund hierfür ist, dass im Bereich zwischen 10 und 25 Gbit/s die Kosten zum Erreichen der Signalqualität exponentiell steigen. Es wäre sogar denkbar, dass dies die Kosten für die Einführung einer neuen Technologie mittelfristig überschreiten wird. Dies wird spätestens jenseits der 25 Gbit/s der Fall sein, da ab hier für einen funktionierenden Kupfer-Link 2 Leitungen (z. B. H-MTD Leitungen) parallel notwendig sind.
Kosten der Datenraten
Ein wichtiger Punkt für die Einführung der optischen Datenübertragung ist die Akzeptanz bei den Kunden. Betrachtet man die Umfrage (siehe Abb. 3), so wird ersichtlich, dass die optische Technologie noch mehr Promotion benötigt, um die Technologie für den Serieneinsatz im Automotiv-Bereich vorzubereiten. Unter der Annahme einer Einführung bei 25 Gbit/s wird die Zeit langsam knapp, um einen geregelten Serienstart zu schaffen, da die Freigabe einer neuen Technologie etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt als Freigaben bekannter Technologien.
Akzeptanz der Technologien für die jeweiligen Datenraten
Ein Erreichen einer frühzeitigen Akzeptanz kann nur durch Darlegung der vielzähligen Vorzüge wie mechanische Robustheit, EMV-Unabhängigkeit, einfache galvanische Trennung, sowie Einsparung von Bauraum und Gewicht, erfolgen.
Kupfer – eine knappe Ressource
Ein weiterer wesentlicher Punkt für den Paradigmenwechsel ist die Ressourcenverfügbarkeit von Kupfer, das durch die steigende Nachfrage wesentlich früher als erwartet knapp wird. Grund hierfür ist der extrem steigende Bedarf für das Energiebordnetz, der es notwendig macht, über Alternativen zum Datenbordnetz in Erwägung zu ziehen. Hier wäre die optische Datenübertragung die optimale Lösung, da hier keine Kupferbestandteile enthalten sind, somit das Bordnetz unabhängig von dieser Thematik wäre.
Wann wird sich die optische Datenübertragung im Automobil durchsetzen?
Zum Schluss stellt sich noch die Frage, wann ein möglicher Zeitpunkt für den Einsatz optischer Datenübertragung im Automobil sein könnte. Dieses Thema wurde ebenfalls in der Umfrage behandelt und das Ergebnis war etwas überraschend, da die Meinungen hier sehr weit auseinandergehen. Aus der Analyse der frühesten Einsatzpunkte kann man in Abb. 4 erkennen, dass je höher die Datenrate war, die Befragten umso mehr auf die optische Lösung setzen. Es ist anzunehmen, dass der Einsatz von optischer Multi-Gigabit-Übertragung in 2026 in ersten Serienapplikationen starten und diese Technologie dann sukzessive den Markt erobern wird.
Wann wird sich Optik als Übertragungsmedium im automobilen Bordnetz durchsetzen?
Fazit
Betrachtet man all diese Punkte, kommt man schnell zum Schluss, dass die Zeit bis zum Einsatz von Optik als neue Technologie nicht mehr lange dauern wird, denn der Bedarf einer Lösung all dieser Probleme wird zunehmend größer. Auch die Standardisierung der IEEE802.3cz wird Anfang 2023 abgeschlossen sein. Dann startet der Physical Layer der Open Alliance, sodass voraussichtlich in 2024 die Standarisierung der optischen Multi-Gigabit Übertragung fixiert sein wird.
Aus diesem Grund setzt sich MD ELEKTRONIK bereits heute intensiv mit der optischen Datenübertragung im Fahrzeug auseinander und arbeitet an Lösungen für die Zukunftstechnologie von morgen.
MD ELEKTRONIK ist hier mit seinem Produkt Portfolio ein sehr starker und kompetenter Partner, dessen Fokus exakt auf diesen Anforderungen liegt.
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