Optische Datenübertragung – Voraussetzung für das Bordnetz der Zukunft?

Interview mit Helmut Pritz über die Vorteile und Möglichkeiten optischer Datenübertragung im Automotive-Bereich, Übertragungsraten bis 100Gbps und die Innovationsprojekte zum Thema „Optik“ bei MD.

 „Ab einer Datenrate von 25 Gbps kommt aus meiner Sicht ab dem Jahr 2028 verstärkt optische Datenübertragung zum Einsatz.“

Tech Talk ist eine Interviewserie, die Ihnen einige inspirierende Persönlichkeiten innerhalb und außerhalb von MD, aus der Welt der Technik, Innovation und darüber hinaus vorstellt. In dieser Folge haben wir uns mit Helmut Pritz, Technischer Produktmanager, zusammengesetzt. Wir sprechen über seinen Job bei MD, die physikalischen Grenzen der elektrischen Datenübertragung im Fahrzeug und die Vorteile optischer Lösungen.

Helmut, erzähl mir bitte etwas über Dich. Was reizt Dich am meisten an Deinem Job?

Ich bin Helmut, 53 Jahre alt, verheiratet und bin Papa von zwei erwachsenen Kindern. Ich bin 2013 bei MD eingestiegen, habe verschiedene Positionen übernommen und bin nun als Technischer Produktmanager für den Bereich Optische Datenübertragung verantwortlich. Die Möglichkeit, auf die Entwicklung neuer Übertragungssysteme Einfluss zu nehmen und der direkte Kontakt zu Kunden machen den Job für mich so reizvoll. Persönlich arbeite ich als ehrenamtlicher Leiter eines Skiclubs und mag historische Fahrzeuge.

Vielen Dank für die persönlichen Einblicke, Helmut! Kommen wir nun auf Deinen Produktbereich der Optischen Datenübertragung zu sprechen. Ist Deiner Meinung nach Optik oder Elektrik die beste Lösung für Datenübertragung im Fahrzeug jenseits von 10 Gbps?

Dies ist wirklich eine schwierige Frage. Wie alles im Leben haben beide Systeme Vor- und Nachteile. Meiner Meinung nach gibt es eine Daseinsberechtigung für beide, da der Einsatz für bestimmte Applikationen im Fahrzeug jeweils prädestiniert ist. Nimmt man zum Beispiel elektrische Datenübertragung, so ist diese in Bereichen mit wenig elektromagnetischen Störungen mit nur wenig zusätzlichen Maßnahmen gut einsetzbar. Setzt man die Technologie jedoch in Bereichen hoher elektromagnetischer Störungen ein, erhöht sich der Aufwand für die Aufbereitung der Signale exponentiell. Hier bietet die optische Datenübertragung wesentliche Vorteile, da diese nicht anfällig für elektromagnetische Störungen ist.

Löst die optische Datenübertragung die physikalischen Probleme der elektrischen Datenübertragung im Fahrzeug?

Optische Datenübertragung ist seit mehr als 20 Jahren in der Automobilindustrie bekannt. Aufgrund seines großen EMV-Vorteils wurde es in der Vergangenheit für sichere Anwendungen sowie für Infotainment-Systeme verwendet. Das Manko der bisherigen Technologie war, dass es nicht robust genug, zu groß und zu teuer war.

Ein wesentliches Problem der elektrischen Datenübertragung ist die Anfälligkeit auf elektromagnetische Störungen, die mit steigender Elektrifizierung der Fahrzeuge und höheren Datenraten zunimmt. Um diesen Einflüssen entgegenzuwirken, werden Elektronikbausteine zur Signalaufbereitung genutzt, um das empfangene Signal lesbar zu machen. Hierzu werden Bausteine wie Equalizer, Common Mode Choke, EMV-Filter verwendet.

Ein weiteres Problem ist, dass bei steigenden Datenraten die Übertragungsfrequenz steigen muss und damit die Signaldämpfung in Kabel und Steckverbinder exponentiell ansteigt. Dies erfordert ein neues Design von Steckverbindern und Leitungen, um die Dämpfungen zu minimieren. Dies wiederum führt dazu, dass die Geometrien vergrößert werden müssen, um optimalere Bedingungen zu schaffen. Untersuchungen durch die IEEE802.3cz haben gezeigt, dass sich bei etwa 25 Gbps die physikalische Grenze bei vertretbaren Kosten einpendelt.

Da all diese Maßnahmen mehr und mehr Kosten verursachen, ist es notwendig, eine Alternative zu schaffen. Optische Datenübertragung ist in der Lage, alle technischen Probleme zu lösen – ist aktuell jedoch noch nicht für die Automobilindustrie verfügbar.

Wo liegen Deiner Meinung nach den Herausforderungen bei der Integration von optischer Datenübertragung ins Fahrzeug?

Wie bei allen neuen Technologien sind die OEMs von Beginn an skeptisch, da die Einführung neuer Systeme erst mal als Risiko betrachtet werden. Zudem hat optische Datenübertragung aus der Zeit des MOST-Bus (Media Oriented Systems Transport), einen negativen Beigeschmack, da dies kein optimales System für die Automobilwelt war. Hier gab es viele Qualitätsprobleme, was nicht zwingend der Technologie zuzuschreiben war.

Somit ist eine der wichtigsten Herausforderungen, Vertrauen in die neue Technik zu schaffen und im nächsten Schritt die Technik in der nächsten Generation von Bordnetzen zu implementieren. Des Weiteren müssen die Systemlieferanten als Treiber der Technologie gewonnen werden, denn diese müssen mit der Einbindung der optischen Leitungen in den Kabelbaum, sowie mit optischen PCB Headern vertraut gemacht werden. Zusätzlich ist wichtig, dass sich all diese Firmen in die Standardisierung des Physical Layer einbringen, um eine reibungslose Integration in das automotive Bordnetz sicherzustellen.

Worin liegen die Hauptvorteile optischer Datenübertragung im Bordnetz?

Meiner Meinung nach ist der Hauptvorteil der optischen Datenübertragung die Flexibilität. Ich kann über die gleiche Hardware Datenraten von 1 Gbps wie auch 100Gbps und mehr übertragen, ohne auf dem Steuergerät oder auf der Leitungsseite etwas verändern zu müssen. Ein weiteres erhebliches Plus ist, dass diese Technologie völlig resistent gegen EMV ist und zugleich eine galvanische Trennung ermöglicht. Ein weiterer großer Punkt ist, dass künftig die Bedarfe an Kupfer stark steigen, jedoch die Ressourcen immer knapper werden. Somit würde die optische Datenübertragung zusätzlich ein aufkommendes Ressourcenproblem entspannen.

Hört man Skeptiker bezüglich Robustheit, so muss man ergänzen, dass die OM3 Faser, die heute in der Datencenter Technologie eingesetzt wird, bereits Abzugswerte über 200N liefert und Biegeradien von kleiner 7,5mm möglich sind. Somit ist das Thema Robustheit für die zukünftigen Systeme Vergangenheit.

Was sind die notwendigen nächsten Schritte, um diese Technik ins Fahrzeug zu bringen?

Aus meiner Sicht sind die wichtigsten Schritte die Forcierung der Standardisierung, Promotion der Technologie bei den OEMs und eine intensive Zusammenarbeit mit den Chipherstellern und Tier1s, um die Technologie salonfähig zu bekommen.

Was tut MD, um sich darauf vorzubereiten?

Dies ist ein wichtiger Punkt. MD ELEKTRONIK beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit optischer Datenübertragung, seit 2020 mit der optischen Ethernet Technologie. Damals wurde ein Innovationsprojekt gestartet, bei dem ein erstes optisches Stecksystem für Gigabit Ethernet entwickelt wurde. Dieses Produkt wird bereits mit verschiedenen OEMs und Tier1s diskutiert und getestet. Zur Entwicklung der nächsten Generation für den Multigigabit-Bereich läuft aktuell ein weiteres Innovationsprojekt. Um bei der Entwicklung die notwendigen Anforderungen zu berücksichtigen, beschäftigt sich MD auch mit entsprechenden Gremien wie der IEEE802.3cz, die sich mit der Spezifikation von Datenraten bis 100 Gpbs auseinandersetzen.

Helmut, vielen Dank für das super interessante Gespräch!

Optische Datenübertragung als Baustein für das Bordnetz von Morgen

Die Grenzen der elektrischen Datenübertragung im Fahrzeug sind erreicht, und die optischen Lösungen stehen in den Startlöchern. Neben bis zu vier Mal so hohen und flexiblen Datenraten sind die optischen Lösungen nicht anfällig gegenüber elektromagnetischen Störungen und ressourcenschonender. Frühere Schwächen in Sachen Robustheit wurden beseitigt. Nun gilt es diese neue Technologie zu promoten und auf breiter Front im Markt zu etablieren. Kontaktieren Sie MD um mehr über die Datenübertragung der Zukunft zu erfahren!

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Helmut Pritz

Helmut Pritz ist Produktmanager für optische Datenübertragung bei MD Elektronik. Mit seinen mehr als 20 Jahren Branchenerfahrung bringt er sehr viel Expertise mit, um diese zukunftsweisende Technologie voranzutreiben. Seine Berufung ist es mit Kunden, Startups, Steuergeräteherstellern und Lieferanten, innovative Lösungen für die Automobilindustrie zu entwickeln.

Nach seiner Tätigkeit als Projektleiter, bei der er für die Entwicklung von Steckkomponenten und die dazugehörigen Automatisierungsanlagen zuständig war, baute er als Manager Development RF Technology eine Entwicklungsabteilung auf, die sich hauptsächlich mit der Hochfrequenztechnik beschäftigte.

Der vielseitige Kontakt zu Kunden, Lieferanten und dem globalen Team bei MD gehören zu den Tätigkeiten, die er an seiner Position ganz besonders schätzt.