Höherer Funktionsumfang, gleiche Bauraumkapazität: Miniaturisierung der Bordnetzkomponenten

Die Automobilindustrie unterzieht sich aktuell einem enormen Wandel. Immer neue, technische Innovationen halten Einzug in moderne Fahrzeuge. Angetrieben wird diese Entwicklung vor allem durch gesetzliche Anforderungen im Bereich der aktiven Fahrzeugsicherheit sowie der Antriebstechnik (Emissionen). Ein weiterer Treiber sind neue und gestiegene Anforderungen in den Bereichen Infotainment, Connectivity und Komfort durch die Fahrzeugnutzer. Auf annähernd gleichem Bauraum muss also eine Vielzahl an zusätzlichen Funktionen untergebracht werden. Das Gebot der Stunde lautet daher: Miniaturisierung. Erfahren Sie in folgendem Artikel mehr zu diesem Trend!

Gründe für den Trend zur Miniaturisierung

Neu entstandene Ansprüche führen dazu, dass sowohl weitere Steuergeräte ins Fahrzeug integriert werden müssen als auch bereits existierende Steuergeräte durch zusätzliche Funktionen erweitert werden.  Zusätzlich zu den jeweiligen Steuergeräten ist auch eine entsprechende Aktuatorik und Sensorik, welche über das Bordnetz mit der ECU verbunden sind, zu berücksichtigen 

Durch diese Entwicklung ergibt sich sowohl für die OEMs als auch für die Hersteller von Fahrzeugelektronik die Herausforderung einen höheren Funktionsumfang bei annähernd gleicher Bauraumkapazität umzusetzen. Während der OEM vor der Aufgabe steht mehr Leitungen im Fahrzeug zu integrieren und Steckverbinder zu positionieren, muss der Steuergerätehersteller mehr Kontaktierungen / Anschlüsse an der Elektronikkomponenten ermöglichen ohne den Bauraumbedarf signifikant zu vergrößern.

Die Integration neuer Fahrzeugfunktionen bei nahezu unverändertem Bauraum lässt sich nur dadurch bewerkstelligen, dass Vernetzungstopologien angepasst und optimiert werden und eine Miniaturisierung der Bordnetzkomponenten und Geräteanschlüsse (Schnittstellen) erfolgt.

Dieser Trend zur Miniaturisierung im Bordnetz ist zwar generell nicht neu, jedoch wirkt sich dieser in den letzten Jahren vermehrt auf den Bereich der Datensteckverbindungen aus.

Von FAKRA zu Mini Koax

Als eines der bekanntesten und mittlerweile OEM-übergreifend verbreiteten Beispiele ist das Mini Koax System zu nennen. Diese koaxialen Steckverbinder ähneln zwar im konstruktivem Prinzip FAKRA Steckverbindern, doch weisen sie in Größe und technischen Eigenschaften entscheidende Unterscheide auf. 

Mini Koax Systeme stellen gegenüber dem klassischen FAKRA System im Bereich der maximalen Frequenz und Datenrate erhebliche Verbesserungen da und sind somit auch für die zukünftigen Anforderungen hinsichtlich der Datenübertragung optimal geeignet. Der Grund für den Ersteinsatz im Automobil war jedoch nicht die verbesserte HF- Eigenschaft, sondern die enorme Bauraumeinsparung, die Mini Koax Systeme bieten.

Darüber hinaus war es so auch möglich den Funktionsumfang im Fahrzeug zu erhöhen und gleichzeitig den Bauraumbedarf signifikant zu senken: Beim Einsatz eines Quad Mini Koax Systems anstelle von 4 Single Fakra-Steckverbindern konnte eine Einsparung von ca. 70% erzielt werden. Daraus lässt sich außerdem eine Gewichtseinsparung von ca. 75% realisieren. Ein weiterer Vorteil der oft unerwähnt bleibt.

Im Bereich der koaxialen Steckverbinder war die Einführung der Mini Koax Systeme somit ein entscheidender Schritt um diese bewährte Technologie zukunftsfähig für die nächsten Fahrzeuggenerationen zu machen. 

Abmessungen FAKRA SF und  MATE-AX

Leistungsstärker: schnellere und höhere Datenübertragung erreicht und Frequenzen bis zu 20 GHz sind möglich


Kleiner: Größenunterschied ist das Mini Koax System wesentlich platzsparender (bis zu 70% Bauraum-Ersparnis bei dem Vergleich 4 x 1Pol FAKRA zu 1 x 4Pol Mini Koax) als das FAKRA-System


Gewichtsersparnis: von ca. 75% Vergleich 4 x 1Pol FAKRA zu 1 x 4Pol Mini Koax

Weitere automotive Steckverbinder

Der Trend zur Miniaturisierung bleibt jedoch nicht auf koaxiale Steckverbinder begrenzt, sondern lässt sich auch auf weitere automotive (Daten-) Steckverbinder übertragen. 

Twisted Pair bzw. Twisted Quad basierende Kontaktierungen lassen sich am Steuergerät und im Fahrzeugbordnetz aus Bauraumgründen ebenfalls nicht unbegrenzt erweitern. Neben der Optimierung des Bauraumbedarfs sind die Einführung von Automotive Ethernet und der Einsatz von In-Vehicle Netzwerken die Haupttreiber für die zahlreichen Schnittstellen wie Mate Net; H-MTD /GEMnet und AMEC im Fahrzeug. 

Working Group Transmission
IEEE 802.3bw
OPEN All. TC2
100 Mbit / s
electrical
HSDe
AMEC 100M
UTP
MATEnet UTP
IEEE 802.3bp
OPEN All. TC9
1 Gbit / s
electrical
H-MTD STP
MATEnet UTP
MATEnet STP
AMEC 1G UTP/STP
IEEE 802.3ch
OPEN All. TC9ff
2,5 Gbit / s
5 Gbit / s
10 Gbit / s
electrical
H-MTD STP
GEMnet STP
IEEE 802.3
faster than 10 G
25 Gbit / s
50 Gbit / s
electrical
H-MTD STP
GEMnet STP
IEEE 802.3bv 1 Gbit / s
optical POF
IEEE 802.3
10G optical
10 Gbit / s
optical GI

Automotive Ethernet Solutions

Durch die Einführung von sogenannten Zentralen High Performance Computern (HPC) bei denen die unterschiedlichen Daten -und Power-Strecken zusammenlaufen erhöhen sich die Kontaktierungsstellen an diesen Steuergeräten um ein Vielfaches. Dies führt zu einer Zunahme von Mehrfachdatensteckern, wie z.B. 6-fach oder mehreren 4-fach Steckverbindern. Neben dem entsprechenden Platzbedarf auf der Platine und für die Schnittstelle zum Fahrzeugbordnetz erzeugt diese Entwicklung jedoch auch eine Erhöhung der Anzahl der Steckvorgänge bei der Montage. Dieser Trend ist jedoch noch keineswegs abgeschlossen: Durch die Integration weiterer Sensorik und die Einführung redundanter Systeme, welche zum Beispiel für das autonome Fahren erforderlich sind, wird die Anzahl der erforderlichen Datenkontaktierungen in unterschiedlichen Leistungsklassen zusätzlich anwachsen.

Eine weitere Miniaturisierung der Stecksysteme unter gleichzeitiger zukunftsfähiger HF- Performance und ein Design, welches eine einfache Integration in Mehrfachsteckverbinder ermöglicht, ist somit unvermeidbar.

Kooperation zwischen den Entwicklern der Stecksysteme und den Konfektionären

Der Drang zur Miniaturisierung stellt nicht nur die Entwickler der Stecksystems vor große Herausforderungen, sondern auch die Konfektionäre. Um die Leistungsfähigkeit der Stecksystem zu gewährleisten, müssen engere Toleranzen sowohl bei der Produktion der Steckverbinderkomponenten als auch der Assemblage der Komponenten in Verbindung mit der Meterware eingehalten werden.  Ein neues Produktdesign in Verbindung mit einem darauf optimierten Konfektionsprozess ist die Folge. Die enge Zusammenarbeit zwischen Konfektionär und Steckverbinderhersteller ist somit bereits im frühen Entwicklungsstadium unausweichlich. 

MD arbeitet mit mehreren Steckerherstellern zusammen, um die Miniaturisierung voran zu treiben. Durch innovative Produktdesigns und unter Verwendung einer für den Bordnetzbereich neuen Kontaktierungsform lassen sich deutlich höhere Datenraten und gleichzeitig Bauraumeinsparungen von bis zu 30% im Vergleich zu aktuellen Stecksystemen erzielen. Diese zukünftigen Stecksysteme lassen sich in hybride bzw. modulare Steckverbindergehäuse integrieren (z.B. wie bei Motorsteuergerätestecker). Hier lassen sich Bauraumeinsparungen von bis zu 50% erreichen und gleichzeitig Steckvorgänge reduzieren.

All dies lässt sich jedoch nur durch die Verwendung neuen Verbindungstechniken und Kontakten ermöglichen, welche den Einsatz von etablierten (und vom Automotiv Standard geforderten) Fügeverfahren nahezu unmöglich machen. Im Rahmen der Entwicklung werden verschiedene Kontaktierungsformen untersucht und auf ihre (Groß-) Serientauglichkeit geprüft und optimiert.

Zusammenfassung und Fazit: Innovatives Produktdesign und neue Fertigungsverfahren als Voraussetzung für die Miniaturisierung

Die Miniaturisierung von Komponenten ist ein seit vielen Jahren ein ständiger Begleiter bei der Entwicklung eines neuen Fahrzeugbordnetzes beziehungsweise einer neuen Fahrzeugarchitektur. Dieser Trend hält in den letzten Jahren auch vermehrt Einzug in die Entwicklung von Datensteckverbindern. Die verschiedenen Mini Koax Systeme haben sich bereits bei einer Vielzahl von OEMs und deren Applikationen bewährt. Datensteckverbinder auf Basis einer STP bzw. UTP Meterware weisen zwar einen geringeren Bauraumbedarf als zum Beispiel HSD Steckverbinder auf, aber auch hier lässt sich ein Trend zur weiteren Miniaturisierung beobachten.  Gesteigerte HF- Anforderungen, die Zunahmen von Kontaktierungen an Steuergeräten und die Integrierbarkeit in Mehrfachsteckverbinder machen diesen Schritt unausweichlich. Um dies zu realisieren müssen jedoch neue und innovative Lösungen sowohl für das Produktdesign als auch im Konfektionsprozess gefunden werden, um die Mobilität der Zukunft zu ermöglichen.

Unser MD-Team berät Sie gerne zu den neuesten Entwicklungen im Bereich Datenübertragung im Fahrzeug. Kontaktieren Sie uns jetzt!

Kontakt

Tobias Fiedler

Tobias Fiedler leitet als Director das Product & Project Management bei MD Seine Mission ist es, gemeinsam mit seinem auf drei Kontinenten verteiltem Team, das MD Produktportfolio für die Anforderungen zukünftiger Fahrzeuggenerationen zu definieren und markgerecht zu realisieren. Mehr als 14 Jahre Erfahrung in der Automobilindustrie, davon 12Jahre im Bereich des Fahrzeugbordnetzes machen ihn zu einem Experten auf diesem Gebiet. Neben dem technischen Austausch mit internationalen Entwicklungspartnern und Kunden begeistert ihn vor allen die Vielfältigkeit seiner Aufgaben, welche sich durch den kontinuierlichen Wandel in der Automobilindustrie ergibt.